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AutorenbildDr. Stefan Adams

Auslaufmodell bevorschusste Provision

erschienen: VersicherungsJournal, November 2011


Dr. Stefan Adams, Experte für die Bewertung und den Verkauf von Maklerunternehmen, sieht in der jüngsten Provisionsdeckelung in der Krankenversicherung und der Stornohaftungs-Regelung in der Lebensversicherung nur einen Teil einer größeren Regulierungswelle. Makler sollten zur Werterhaltung ihrer Unternehmen unterschiedliche Vergütungsformen für verschiedene Kundengruppen einführen.


VersicherungsJournal: Herr Dr. Adams, der Deutsche Bundestag hat beschlossen, dass ab dem 1. April 2012 in der Krankenversicherung nur noch maximal neun Monatsbeiträge an Courtagen gezahlt werden dürfen und dass in der Kranken- und in der Lebensversicherung eine Stornohaftung von fünf Jahren mit jedem Vermittler vereinbart werden muss. Hat das Auswirkungen auf die Werthaltigkeit von Kranken- und Lebensversicherungs-Beständen bei einem Verkauf?

Adams: Die Courtagedeckelung, die der Bundestag beschlossen hat, betrifft den Bereich der Abschlusscourtagen. Diese haben für die Werthaltigkeit von Kranken- und Lebensversicherungs-Beständen nur eine untergeordnete Bedeutung. Maßgeblich hierfür sind lediglich die Bestandspflegecourtagen, die von den Gesellschaften für die Betreuung dieser Bestände gezahlt werden, denn nur diese führen zu einer dauerhaften Einnahme. Darüber hinaus ist für die Werthaltigkeit relevant, mit welcher Profitabilität diese Bestände betreut werden können.


VersicherungsJournal: Sehen Sie in diesen Beschlüssen die Gefahr, dass der Gesetzgeber sich künftig noch stärker in die Vergütungsgestaltung zwischen Versicherer und Makler einmischen wird, jedenfalls soweit sozialpolitische Belange betroffen sein können?

Adams: Wir gehen davon aus, dass die „Regulierungswut“ des Gesetzgebers im Finanzdienstleistungs-Sektor stark zunehmen wird. Im Großteil der anderen EU-Staaten finden wir bereits eine weitaus tiefergehende Regulierung des Finanzdienstleistungs-Sektors vor, als diese in Deutschland umgesetzt ist. In der Tendenz werden – insbesondere vordiskontierte – Abschlussprovisionen in wenigen Jahren wohl nicht mehr zum Vergütungsrepertoire für Versicherungs- oder Finanzdienstleistungs-Makler gehören.


VersicherungsJournal: Auf EU-Ebene wird diskutiert, ob Makler überhaupt noch Courtagen vom Versicherer erhalten sollten oder nicht von ihrem Auftraggeber, dem Kunden, zu bezahlen sind. Welche Änderungen erwarten Sie durch die neue Vermittlerrichtlinie (IMD2) in dieser Hinsicht?

Adams: Eine generelle Umstellung auf eine Honorarberatung, die der Kunde unmittelbar vergütet, halte ich für weniger wahrscheinlich. Eine derartige Vergütungsstruktur würde vorwiegend im Privatkundengeschäft tätigen Maklern – mangels Akzeptanz durch Kunden – die wirtschaftliche Grundlage entziehen. Im Industriebereich ist die Honorarberatung bereits üblich. Bei gewerblichen Risiken nimmt diese in der Regel mit der „Schwere“ des Geschäfts zu. Insbesondere in diesem Segment vermuten wir zukünftige „Regulierungspotenziale“ des Gesetzgebers Richtung ausschließlicher Honorarberatung.


VersicherungsJournal: Auch das Bundesverbraucherschutz-Ministerium arbeitet an nachhaltigen Änderungen in den Vergütungsstrukturen und hat Vorschläge zur Förderung der sogenannten „Honorarberatung“ unterbreitet, die wohl eher auf eine „Honorarvermittlung“ abzielen. Passenderweise hat jüngst auch noch das Verwaltungsgericht Frankfurt das Provisionsabgabe-Verbot in Frage gestellt, auch wenn dies sicher noch auf höherer gerichtlicher Ebene überprüft werden wird. Welche Auswirkungen wird das Ihrer Ansicht nach auf die wirtschaftliche Situation von Maklerbetrieben haben?

Adams: Sollte es generell zu der Einführung einer „Honorarvermittlung“ kommen, so wird es umso mehr auf eine aktive wirtschaftliche Steuerung der Profitabilität bei den Maklerbetrieben ankommen. Das verfügbare Zahlenmaterial sowie unsere Erfahrungen und Erhebungen zu dieser „Bilanz“-Thematik zeigen, dass ein signifikanter Anteil der Maklerbetriebe – sogar gemessen an dem heutigen Vergütungsmodell – einen „Nachholbedarf“ bezogen auf die Profitabilität hat. Es wäre absehbar, dass ein durch die „Honorarvermittlung“ verursachter massiver Rentabilitätsrückgang zum Ausscheiden zahlreicher Maklerbetriebe aus dem Markt führen würde.


VersicherungsJournal: Wie gut sind Maklerbetriebe bisher Ihrer Erfahrung nach auf freie Vergütungsverhandlungen mit den Kunden vorbereitet?

Adams: Bei kleineren und mittelständischen Maklerbetrieben – auf Verkäufer- wie auch auf Käuferseite – lässt sich in der Breite aktuell keine wirkliche Sensibilität bezogen auf eine Vergütungsänderung hin zur Honorarberatung feststellen. Wir nehmen hier sukzessive Modelle wahr, die den Kunden an ein jährliches „Pflegehonorar“ für die Betreuung und den Service gewöhnen sollen. Die Kunden dieser Maklerbetriebe kommen aus dem privaten Sektor sowie aus dem eher kleingewerblichen Sektor. Makler, die im Industriesektor oder im großgewerblichen Bereich tätig sind, haben nach unserer Wahrnehmung durchgehend Erfahrung mit Honorarberatung, bei sehr unterschiedlichen Anteilen am jeweiligen Portfolio.


VersicherungsJournal: Erwarten Sie einen Wertverlust von Maklerbetrieben/Maklerbeständen, wenn Maklerbetriebe noch nicht auf Honorarvergütungen eingestellt sind, sondern ausschließlich oder ganz überwiegend von Courtagen leben?

Adams: Sofern ein Maklerbetrieb Industrie-Risiken oder großgewerbliche Risiken versichert, steht hier ein eindeutiges „Ja“. In diesem Segment geht der Wettbewerb eindeutig Richtung Honorarvergütung. Dies fließt selbstverständlich in die Bewertung des Bestandes beziehungsweise des Maklerbetriebes ein. Die Bewertungsparameter für einen Bestand oder Betrieb sind dynamisch und müssen selbstverständlich auch die gesetzgeberischen Aktivitäten berücksichtigen oder sogar antizipieren. Käufer sind naturgemäß bereit, für „zukunftssicher“ aufgestellte Unternehmen attraktivere Kaufpreise zu bezahlen, was beinhaltet, dass Maklerbetriebe, die in diesen Zielgruppen noch nicht auf Honorarvergütungen eingestellt sind, mit einem Malus, das heißt „Wertverlust“ rechnen müssen.


VersicherungsJournal: Was raten Sie Maklern auch mit Blick auf die Werthaltigkeit ihrer Betriebe und der Assets – sollen Sie sich offensiv neuen Vergütungsstrukturen öffnen, oder ist eher Zurückhaltung angebracht?

Adams: Unseren Kunden, sofern sie vorwiegend im Privatkundensegment und im kleingewerblichen Bereich tätig sind, empfehlen wir sukzessive „Servicepauschalen“ einzuführen. Unseren Kunden, die im gewerblichen oder industriellen Sektor tätig sind, empfehlen wir mit steigendem Prämienvolumen bei den zu versichernden Betrieben die Umstellung auf Honorarvereinbarungen. Diese „Einkünfte“ werden bei einer Unternehmensbewertung vergleichbar dem Provisionseinkommen betrachtet, sind aber – vorausgesetzt der Kunde erhält eine adäquate Dienstleistung – stabilere beziehungsweise wettbewerbsresistentere Erträge und beeinflussen somit den Unternehmenswert positiv.



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