erschienen: VersicherungsJournal, März 2020
Wer sich beim Verkauf seines Maklerbestandes oder -untemehmens nicht auf professionelle Berater und Experten verlässt, erlebt leicht ein wirtschaftliches Desaster. Was alles falsch gemacht werden kann, zeigt das Beispiel des Versicherungsmaklers Pimpelhuber, der seinen Kompositbestand im Wert von 220.000 Euro verkaufen wollte. Ein Erfahrungsbericht des Untemehmensmaklers Dr. Stefan G. Adams.
Im Rahmen von 20 Jahren Beratungspraxis der Dr Adams & Associates GmbH & Co. KG beim Verkauf und Kauf von Maklerbeständen sowie Makleruntemehmen wurden uns immer wieder skurrile Mandate angetragen, die gute Beispiele dafür abgeben können, wie man es nicht machen sollte.
Exemplarisch hierfür kann der im Folgenden beschriebene Fall aus jüngster Vergangenheit gelten. Hier war leider bereits vieles falsch angegangen worden, so dass Dr. Adams eine Mandatierung strikt abgelehnt hat.
Makler Pimpelhuber träumt von Mallorca
Ein Versicherungsmakler (60 Jahre) - nennen wir ihn Pimpelhuber Einzelkaufmann, hatte die Absicht seinen Kompositbestand im Wert von 220.000 Euro zu veräußern. Der Bestand stellte
eine Mischung aus Privat- (60 Prozent) und Gewerbekunden (40 Prozent) dar. Mit einem rudimentären Makler-Verwaltungsprogramm bedienten zwei Mitarbeiterinnen mit Azubi und Herr Pimpelhuber ihre durchaus zufriedenen Kunden über Jahrzehnte.
Pimpelhuber telefonierte nun mit zahlreichen dem Anschein nach professionell aufgestellten Beratungsunternehmen. Diese überschlugen sich förmlich mit ihren Angeboten. Von mindestens dem Drei-, eher dem Vier- oder gar Fünffachen der Jahrescourtage war als Verkaufspreis die Rede. Pimpelhuber sah sich dementsprechend bereits auf der Terrasse seiner neuen Finca auf Mallorca sitzen und das Leben genießen. Gemäß dem Motto "Gier schlägt Hirn" wurde daraufhin das billigste Beratungsunternehmen mit den höchsten Versprechungen und zweifelhaften Erfahrungen ausgewählt.
Große Pläne - keine Bonität
Der Transaktionsverlauf führte dann aber dazu, dass aus der Finca wohl eher eine Garage wird. Das kam wie nachfolgend geschildert.
Die ersten fünf von dem beauftragten "Profi-Berater" akquirierten Kaufkandidaten hatten gleichfalls skurrile Kaufpreisvorstellungen - leider aber in die falsche Richtung. Fast allen Bewerbern schwebten Kaufpreise vom einfachen Jahresumsatz mit der ratierlichen Vergütung über fünf Jahre vor. Pimpelhuber lehnte selbstredend weitere Gespräche ab.
Die nächsten sieben vom Berater vorgeschlagenen Käufer hatten durchweg große Zukunftspläne - aber keinerlei Bonität zur Finanzierung des Kaufpreises. Sie wollten daher vom Verkäufer ein Darlehen haben.
In reduzierten Kaufpreis eingewillig
Schließlich kamen nach mehreren Monaten mühevoller Sucharbeit des Beraters die vermeintlich tatsächlichen Käufer als Bewerber Nummer 13 und 14 an den Tisch. Es handelte sich um zwei jüngere Makler, die äußerst eloquent und fachlich versiert auftraten und zumindest den zweifachen Jahresumsatz boten.
Pimpelhuber war nun aufgrund der vom Berater initiierten unerfreulichen und nervenaufreibenden Vorgespräche bereit, sich auf den scheinbar reduzierten Kaufpreis einzulassen. Gewisse anspruchsvolle Gewerbekunden (circa zehn Prozent der Courtage) sollte er aber an einen anderen Makler veräußern oder selbst weiterbetreuen.
Büro, Mitarbeiter und IT sollten im Rahmen des Asset Deals übernommen werden. Die Käufer wollten zum Bestandserhalt im Büro bereits mehrere Monate vor dem wirtschaftlichen Übergang sukzessive die Kundenbetreuung übernehmen.
Der Vertragsentwurf kam übrigens von einer Anwaltskanzlei der Käufer, die nicht zwingend über Know-how für Bestandstransaktionen verfügte. Der Verkäufer wiederum bediente sich zur Kaufvertragsprüfung eines Tennisfreundes, der seine Kanzlei (spezialisiert auf Verkehrsrecht) vor mehreren Jahren veräußert hatte. Auch der Steuerberater des Verkäufers war schon ein Teilzeit-Rentner.
Unseriöse Partner - Zahlung blieb aus
Bis zu diesem Zeitpunkt schien Pimpelhuber noch mit einem blauen Auge davonzukommen. Danach wurde es aber richtig abenteuerlich. Zum vereinbarten Zahlungszeitpunkt (dem 2. Januar) war kein Zahlungseingang hinsichtlich des Kaufpreises festzustellen. Das tägliche Nachfragen bei den Erwerbern, die seit mehreren Monaten die aktive Kundenbetreuung übernommen hatten, wurde lapidar mit einer Erkrankung des verantwortlichen Bankmitarbeiters abgetan.
Mitte Januar bat Pimpelhuber dann seinen Betreuer bei der Bank, bei der Käufer-Bank bezüglich der Zahlung nachzufragen.
Nicht wirklich DSGVO-konform erhielt man die Auskunft, dass nie eine Kreditanfrage gestellt worden war. Einer der Erwerber lebe von Sozialtransfers, der anderesehe aufgrund von Kreditkartenbetrug einer entsprechenden Verurteilung entgegen.
Monetärer Schaden lässt sich kaum beziffern
Da die Käufer sich auch nach anwaltlicher Aufforderung nicht aus dem Büro fortbewegen wollten, nahm Pimpelhuber mit der örtlichen Polizei Kontakt auf. Die lehnte jedoch eine Entfernung der beiden Herren aus dem Büro ab.
Hilfreich war letztendlich ein privater Sicherheitsdienst, der relativ robust das Büro räumte. Das Ergebnis: Ein deutlicher Anteil der Kundenbeziehungen wurde gekündigt beziehungsweise von netten Maklerkollegen unentgeltlich übernommen. Der monetäre Schaden für Pimpelhuber wird in der Summe deutlich höher als 200.000 Euro ausfallen und lässt sich abschließend noch nicht beziffern.
Acht Empfehlungen für den Bestands- oder Unternehmensverkauf
Bei diesem Fall haben sich sicherlich viele negative Sachverhalte kumuliert. Dennoch können einige Lehren daraus gezogen werden, um geplante Bestands-oder Unternehmensverkäufe nicht zum Flop werden zu lassen:
■ Professionelle Transaktionsberater bieten Referenzen über vergleichbare erfolgreich abgewickelte Transaktionen zum Nachweis an. Webseiten genügen hier bei Weitem nicht, um Seriosität und Erfahrung zu belegen. Kernaufgabe des Beraters ist, bonitätsgeprüfte Käufer anonymisiert anzusprechen und die dargestellten No-Gos zu vermeiden. Empfehlung: recherchieren und telefonisch nachfassen.
■ Transaktionsberater sollten Ober eine M&A-Vermögensschaden-Haftpflichtpolice verfügen. Pimpelhuber hätte in diesem Fall zumindest teilweise die Möglichkeit gehabt, Ansprüche geltend zu machen.
Empfehlung: Police zeigen lassen.
■ Die Preise für Bestände und Unternehmen unterliegen einer betriebswirtschaftlichen Systematik. Wunschkonzerte seitens der Verkäufer oder der Käufer sind am Markt nicht mehr durchsetzbar. Insbesondere wenn Banken den Kaufpreis finanzieren sollen, gibt es harte Obergrenzen die keine der von vielen Beratern ausgerufenen Mondpreise möglich machen.
Empfehlung: Professionelles Bewertungsgutachten erstellen lassen.
■ Die Gestaltung des Kaufvertrages ist nicht trivial. Den Auftrag an eine erfahrene Kanzlei zu vergeben, erscheint vordergründig teurer, zahlt sich aberunserer Erfahrung nach nahezu immer aus.
Empfehlung: Selektion einer spezialisierten Kanzlei.
■ Ein No-Go in dieser Bestandsgrößenordnung ist der Bestandsverkauf. Jeder Kunde müsste in diesem Fall einen neuen Maklervertrag mit den Erwerbern unterzeichnen. Empfehlung: Ein GmbH-Modell mit steueroptimiertem Verkauf für Verkäufer und Käufer auswählen.
■ Ein weiteres No-Go sind Gespräche mit potenziellen Erwerbern ohne Bonitätsnachweis. Empfehlung: Einen Bonitäts-/ Finanzierungsnachweis vor dem Erstgespräch einfordern.
■ Ebenfalls ein No-Go ist die frühzeitige Übernahme der Kundenbetreuung ohne Kaufpreiszahlung.
Empfehlung: Den Kaufpreis auf ein Notaranderkonto im Vorfeld hinterlegen.
■ Die steuerliche Gestaltung ist anspruchsvoll. Im dargestellten Fall wäre beispielsweise neben weiteren monetären Nachteilen der komplette Kaufpreis mit19 Prozent umsatzsteuerpflichtig geworden.
Empfehlung: Einen spezialisierten Steuerberaters konsultieren.
Fazit
Die Selektion eines unqualifizierten Beraters mit der Intention, hier Geld zu sparen, hat zum wirtschaftlichen Desaster geführt. Dass es so weit gekommen ist, ist nur schwer nachvollziehbar.
Es wird umso unverständlicher, da Pimpelhuber als Versicherungsmakler jahrzehntelang mit Qualität, Fachkompetenz und Erfahrung gegenüber seinen Kunden geworben hat. Beim Verkauf seines Lebenswerks hat er diese grundsätzlich sinnvollen Prämissen aber sträflich vernachlässigt.