Private Equity kauft Maklerunternehmen – eine Revolution?
- Dr. Stefan Adams

- 1. Jan. 2022
- 4 Min. Lesezeit
Seit einigen Jahren erwerben Private Equity Firmen (PE) Maklerfirmen direkt oder über ihre Beteiligungen an mittelständischen oder größeren Maklerhäusern. An den Autor werden laufend Fragen zu den Modellen, den Vor- und Nachteilen sowie den Chancen oder Risiken eines Verkaufs an solche PE finanzierten Firmen herangetragen, die auszugsweise im Folgenden beleuchtet werden.
Aktuell im Markt tätige PEs setzen die sogenannte „Buy & Build – Strategie“ um. Diese Vorgehensweise steht immer am Beginn einer PE getriebenen Marktkonsolidierung. Hat ein PE nach z.T. mehrjähriger erfolgreicher Einkaufstour die angestrebte Investitionsgrößenordnung des zur Verfügung gestellten Fonds investiert, wird das ganze Portfolio an ein weiteres PE Haus weitergereicht. Meist passiert dies nach 4 – 6 Jahren Fondslaufzeit. Dieses PE Haus bezahlt dann – hoffentlich – einen deutlich höheren Preis als die Summe der vorhergehenden Käufe inklusive Kosten und konsolidiert die Unternehmensgruppe. Synergiepotentiale bei Personal-, Sachkosten und Produktgebern müssen dann im 2. Schritt gehoben werden. Das bedeutet auch, dass die Realisierung von Synergien selten im Fokus der PEs der ersten Stunde steht, die eine „Buy & Build“ Strategie umgesetzt haben. Der „zweite PE Erwerber“ muss den erhöhten Kaufpreis rechtfertigen und zahlreiche Beispiele aus anderen Märkten belegen eine robuste Vorgehensweise mit entsprechenden nachteiligen Auswirkungen auf Kunden und Personal der Unternehmen im Portfolio.
Wo steht der Maklermarkt bezogen auf diese Konsolidierung? Die PE getriebenen aktuellen Marktteilnehmer fahren zum Großteil die o.g. Strategie ohne durchgreifende Hebung von Synergien oder mit nur geringer Realisierung der Synergiepotentiale. Unter anderem ist dies begründet durch die hohe Akquisitionsfrequenz der 10 – 12 Marktteilnehmer, die für eine Konsolidierung heute keine Zeit lässt. Wer langsam akkumuliert verliert in einem engen Markt gute Targets an Wettbewerber. Die Anzahl der bisher akquirierten Zielunternehmen und deren Größe führt bereits zu einer Ausdünnung des Marktes im oberen Maklersegment, so dass nun Unternehmen in den Fokus kommen, die bisher zu klein erschienen.
Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung für Kaufpreise? Die Chancen für Makler einen höheren Kaufpreis zu realisieren als dies vor 2 – 3 Jahren noch möglich war sind sehr gut. Momentan allerdings nur für die Gruppe mit 1,0 Mio. (Bestands-) Courtage und darüber. Unternehmen mit weniger als TEUR 750 Courtage sind - ausgenommen ausgewiesene Spezialmakler – für PEs uninteressant. Schon die Kosten für eine professionelle Due Diligence, Verträge und Rechtsberatung stellen eine natürliche Untergrenze für die Profitabilität eines akquirierten Targets dar.
Im Segment unter EUR 1,0 Mio. Courtage gab es bisher nahezu keine PE - Transaktionen und somit auch keine Auswirkungen auf die Kaufpreise.
Dies könnte sich aber im Zeitverlauf ändern, wenn Targets größer EUR 1,0 Mio. Courtage rar werden und weiteres Kapital vorhanden ist, das investiert werden muss. Der Erwerb kleinerer profitabler Unternehmen mit Courtagen zwischen TEUR 500 und EUR 1,0 Mio. könnte dann in den Fokus der PEs rücken.
Kann ein Makler beim Verkauf mit Rückbeteiligungsmodellen einen zusätzlichen Verkaufserlös generieren? Die Idee beim Verkauf des „ersten PEs“ an das konsolidierende PE ist, einen signifikant höheren Faktor für das gesamte Portfolios zu realisieren als zuvor für den Aufbau bezahlt wurde. Hieran sollen die veräußernden Makler dann partizipieren.
Ist dies realistisch? Kommt drauf an: Steigen die Zinsen signifikant an, wird weniger Kapital am Markt verfügbar sein und PEs, die nach Abschluss der „Buy & Build“ Strategie als potentielle Käufer auftreten sollten, geringere Faktoren für den Erwerb der Portfolios bieten. Eindrucksvoll zeigt sich dieser Zusammenhang bereits Anfang 2022 bei Tech-Aktien. Diese haben bereits nur mit der Ankündigung der Fed von Zinserhöhungen an Marktkapitalisierung verloren. Mindestens genauso relevant ist aber die Einkaufstrategie des jeweiligen PEs. Worst Case: Kein potenzieller Erwerber findet sich, weil der Einkauf der Unternehmen durchgehend zu teuer war. Dann heißt es für das originär investierende PE das Portfolio zu halten – schlecht für die Investoren - oder das Portfolio zu geringeren Bewertungsfaktoren, auch gegebenenfalls unter dem Einstandspreis, zu verkaufen. Die vereinbarte theoretische Rückbeteiligung ist dann „0“.
Aus anderen Märkten kennen wir in diesem Worst Case Scenario die sukzessive Veräußerung des zuvor erworbenen Portfolios als Option, da viele PE Firmen bzw. deren Investoren notorisch ungeduldig bis unfreundlich auf ausbleibende Renditen reagieren. Passiert dies im großen Rahmen, wird der Markt das steigende Angebot an Maklerunternehmen mit niedrigeren Preisen goutieren. Die Reaktion der PE – Wettbewerber wird dann, wie dies an der Börse als Dominoeffekt üblich ist, nicht ausbleiben. Die Devise heißt dann: rette sich wer kann.
Diese beiden Entwicklungslinien – Zinsanstieg und zu hohe Einstandspreise – konterkarieren somit sogenannte Rückbeteiligungsmodelle - wie sie heute im Markt angeboten werden. Diese mutieren für die ehemaligen Verkäufer der Maklerunternehmen eher zu einer Art Kapitalvernichtung.
Fazit: Die Marktkonsolidierung ist schon weit fortgeschritten …
Der Verkauf eines Maklerhauses an PE hat vielen größeren Maklern attraktive Verkaufspreise beschert. Auch der Verkauf mit Rückbeteiligung kann lukrativ sein, wenn alle Targets des Fonds sorgsam bewertet und marktgerecht eingekauft wurden. Hier muss sich der veräußernde Makler allerdings tiefgehende Transparenz über das eingekaufte Portfolio verschaffen – was PEs weniger spannend finden. Oder der Verkäufer verhandelt einen Kaufpreis, der auch bei ausbleibender Rückbeteiligung attraktiv ist – wobei wir dann meist bei dem Marktpreis sind, den auch nicht PE – getriebene mittelständische Erwerber bezahlen. Das Zinsänderungsrisiko mit den dargestellten Auswirkungen auf Kapitalströme und auf Rückbeteiligungen ist systemimmanent und somit nicht beherrschbar.
Wer sein Unternehmen nun in die vielfach beschworenen guten Hände geben möchte, muss sich bei den meisten PE - Modellen andere etablierte Marktteilnehmer als Erwerber suchen, die es in großer Anzahl gibt. Denn die erwerbenden PEs, insbesondere in der 2. Runde, werden üblicherweise radikal Kosten reduzieren mit den bekannten Auswirkungen für Service und Kundenbindung. Verantwortung für Personal und Kunden geht schwerlich einher mit dem Verkauf an anonyme Investorengebilde bei denen ausschließlich der „harte Dollar“ zählt.



